Finanzierungsverfahren

Finanzierungsverfahren

Mehr Flexibilität mit Ziel volle Kapitaldeckung beizubehalten

Das bisherige Anwartschaftsdeckungsverfahren hat sich in der Vergangenheit bei stetigen Zinsüberschüssen als geeignet und überaus effizient gezeigt.

Es erlaubt dem Versorgungswerk jedoch nicht, angemessen flexibel auf langdauernde Phasen niedriger Zinsen zu reagieren. Die gesetzlichen Vorgaben verlangen von rein anwartschaftsgedeckten Finanzierungssystemen ein hohes Maß an Risikotragfähigkeit. Das Versorgungswerk muss auf die steigende Wahrscheinlichkeit einer Unterdeckung, die sich beispielsweise bei einem anhaltenden niedrigen Zinsniveau ergeben kann, durch einen schnellen Aufbau zusätzlicher Reserven reagieren. Dies ist angesichts des schwachen Zinsumfelds aber derzeit nicht möglich.

Der Landesausschuss entschied sich daher für eine Erweiterung des Finanzierungsverfahrens um Elemente des sogenannten offenen Deckungsplanverfahrens (oDPV). Das oDPV ist eine Kombination aus Kapitaldeckungsverfahren und Umlageverfahren. Im Gegensatz zum Anwartschaftsdeckungsverfahren führt bereits die bloße Modifizierung des Finanzierungssystems zu einer bilanziell ausreichenden Risikotragfähigkeit. Für die Anwartschaften und Renten wird daher wie bislang ein Kapitalstock gebildet. Die Ansprüche müssen aber – anders als beim Anwartschaftsdeckungsverfahren – nicht unbedingt vollständig ausfinanziert sein. Das oDPV kann dadurch flexibler auf Veränderungen von Rahmenbedingungen am Kapitalmarkt, wie z.B. eine anhaltende Niedrigzinsphase, reagieren.

Bis 31. Dezember 2014 erworbene Anwartschaften bleiben im alten Finanzierungssystem

Ihre bis zum Stichtag 31. Dezember 2014 im Anwartschaftsdeckungsverfahren erworbenen Anwartschaften (Altanwartschaften) werden nicht in das neue System einbezogen. Sie bleiben bestehen und werden im bisherigen System weitergeführt. Das Ruhegeld daraus errechnet sich nach den bisherigen Regelungen. Auch die bereits eingewiesenen Ruhegelder werden nach den bisherigen Bestimmungen weiterbezahlt.

Hinsichtlich der Altanwartschaften, d.h. Anwartschaften aus dem Anwartschaftsverband 1 (Einzahlungen vor dem 1. Januar 2005 mit Verzinsung von 4 %) sowie aus dem Anwartschaftsverband 2 (Einzahlungen ab 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2009 mit Verzinsung von 3,25 %), besteht aber weiterhin ausdrücklich die Möglichkeit von Kürzungen oder Änderungen, sofern dies durch die Entwicklungen an den Kapitalmärkten erforderlich werden sollte, um so eine verursachungsgerechte Verteilung der Zinsverpflichtungen aus der Vergangenheit zu erreichen.

Anwartschaften ab 1. Januar 2015 erwerben Sie im neuen Finanzierungssystem

Künftig erwerben Sie zunächst eine Anwartschaft in "Rentenpunkten". Ihre Beiträge innerhalb eines Kalenderjahres werden wie bislang mit einem alters- und geburtsjahrabhängigen Verrentungssatz bewertet. Hieraus ergeben sich zunächst eine bestimmte Anzahl an Rentenpunkten. Im Versorgungsfall, d.h. bei Rentenbeginn, werden die Rentenpunkte summiert und mit dem im Jahr des Versorgungsfalls geltenden Rentenbemessungsfaktor (RBF) multipliziert.

Der RBF gibt den Wert eines Rentenpunktes in Euro an. Das Ergebnis ergibt die Höhe Ihres Ruhegelds in Euro für das oDPV.

       Anzahl der Rentenpunkte  (Anwartschaft in Rentenpunkte)     x      RBF      =     Ruhegeldanwartschaft in Euro 

Die seit dem 1. Januar 2010 geltenden Verrentungssätze blieben durch die Erweiterung des Finanzierungssystems um Elemente des oDPV unverändert. Der Rentenbemessungsfaktor wird vom Landesausschuss in der Regel jährlich in Abhängigkeit von der finanziellen Lage des Versorgungswerks bestimmt. Er hat im Jahr 2015 den Wert "1", so dass eine Anwartschaft von einem Rentenpunkt einer Anwartschaft von 1 € entspricht. Sofern es die finanzielle Lage des Versorgungswerks erfordert, ist auch eine Absenkung des Rentenbemessungsfaktors möglich.

Der rechtsverbindliche Anspruch auf Ruhegeld wird erst bei Eintritt des Versorgungsfalls festgestellt. Bis dahin ist der Wert eines Rentenpunkts und damit die Höhe der Ruhegeldanwartschaft in Euro noch veränderbar.

FAQ zur Erweiterung des Finanzierungssystems um Elemente des offenen Deckungsplanverfahren (oDPV)

Das oDPV ist ein Finanzierungssystem für berufsständische Versorgungswerke. Es kombiniert das reine Umlageverfahren und das Kapitaldeckungsverfahren.
Es unterliegt anderen Wirkmechanismen als das Anwartschaftsdeckungsverfahren, das bislang von der Bayerischen Architektenversorgung – BArchV – praktiziert wurde. Es besteht zwar immer noch eine gewisse Abhängigkeit vom Kapitalmarkt, da für die Ansprüche der Mitglieder weiterhin ein Kapitalstock gebildet wird.
Dieser Kapitalstock muss aber – im Gegensatz zum Anwartschaftsdeckungsverfahren – nicht vollständig die Finanzierung der Ansprüche abdecken. In den Rechnungsgrundlagen des oDPV ist nämlich nicht nur der Rechnungszins als vorweggewährte Verzinsung der eingezahlten Beiträge eingerechnet, sondern es werden noch weitere Grundlagen in die Kalkulation eingestellt (z.B. der Beitragstrend oder die künftige Entwicklung des Bestands), die beim Anwartschaftsdeckungsverfahren bislang keine Rolle spielen. Das oDPV ist das in der berufsständischen Versorgung in Deutschland gebräuchlichste Finanzierungsverfahren.

Das Versorgungswerk erreicht durch die Erweiterung des bisherigen Finanzierungssystems eine höhere Flexibilität. Es bestehen mehrere Handlungsoptionen, um gezielt auf konkrete Vorkommnisse, beispielsweise Krisen am Kapitalmarkt, reagieren zu können.
Der Landesausschuss der BArchV hat deshalb entschieden, dass ein Finanzierungssystem installiert werden soll, in dem die Vorteile beider Systeme (oDPV und Anwartschaftsdeckungsverfahren) genutzt werden können.
Konkret bedeutet das: Ab 1. Januar 2015 wird zwar das Finanzierungssystem umgestellt, damit bei Bedarf auf die Handlungsoptionen des oDPV zurückgegriffen werden kann. Die 100 % Kapitaldeckung und damit die vollständige Ausfinanzierung der Anwartschaften sollen aber beibehalten werden, solange dies möglich ist und bleibt auch das Ziel des Versorgungswerks, wenn zwischenzeitlich einmal eine Absenkung der Kapitaldeckung erforderlich werden sollte.

In einem ausschließlich anwartschaftsgedeckten Finanzierungssystem müssen aus Risikogesichtspunkten ausreichende Sicherheitsreserven vorhanden sein, damit z.B. Schwankungen am Kapitalmarkt ausgeglichen werden können, ohne in eine bilanzielle Unterdeckung der langfristigen Verpflichtungen zu kommen.
Selbst eine nur geringfügige und kurzfristige Unterdeckung würde sofort weitergehende Maßnah-men nach sich ziehen, wie z.B. die Verpflichtung zu Anwartschaftskürzungen. Daher muss ein ausreichender finanzieller Spielraum, d.h. ein Puffer („Risikotragfähigkeit“) vorhanden sein.
Weil seit einigen Jahren die Niedrigzinsphase andauert und auch Schwankungen an den Kapital-märkten größer als in der Vergangenheit ausfallen, ist ein solcher finanzieller Spielraum jetzt nicht mehr ausreichend gewährleistet.
Der vorhandene Puffer müsste weiter ausgebaut werden, um diese höheren Risiken am Markt abbilden zu können. Für den weiteren Ausbau von Rücklagen stehen in der gegenwärtigen Nied-rigzinsphase aber keine Überschüsse zur Verfügung. Das Risiko, dass die BArchV ihre Verpflichtung einer Kapitaldeckung von 100 % möglicherweise nicht ständig erfüllen kann, hat deshalb in den letzten Jahren stetig weiter zugenommen.
Dabei hat nicht etwa die BArchV ihre Anlagestrategie auf ein höheres Risiko umgestellt, sondern die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und dem Rest der Welt hat die Wahrscheinlichkeit einer Unterdeckung in den nächsten Jahren erhöht.

Im bisherigen Anwartschaftsdeckungsverfahren erwarben Sie mit Ihrer Beitragszahlung eine Anwartschaft in Euro-Beträgen. Die Höhe der Anwartschaft stand damit grundsätzlich schon mit Zahlung des Beitrags fest.
Im oDPV erwerben Sie zunächst keine feste Euro-Anwartschaft, sondern Rentenpunkte, deren Wert durch den Rentenbemessungsfaktor bestimmt wird.
Es handelt sich also um einen zunächst noch nicht verbindlich, in einer bestimmten Höhe zugesagten Anspruch. Die verbindliche Festlegung des Punktwertes geschieht nicht schon im Zeitpunkt der Einzahlung, sondern erst im Versorgungsfall, d.h. bei Rentenbeginn.

Nach der Einführung des oDPV erwerben Sie durch jede Beitragszahlung ab 01.01.2015 Anwart-schaften in Form von Rentenpunkten.
Die Anzahl der Rentenpunkte ergibt sich aus der Multiplikation der gezahlten Beiträge mit einem alters- und jahrgangsabhängigen Verrentungssatz („Bewertungsprozentsatz“) aus Tabelle 1 der Satzung des Versorgungswerks.
Für die Anzahl der Rentenpunkte gilt demnach folgende Formel:

Beitrag x Verrentungssatz = Rentenpunkt

Beispiel (1):
Ein im Jahr 1975 geborenes Mitglied leistet im Jahr 2015 Pflichtbeiträge in Höhe von insgesamt 10.000 €.
Das Alter im Jahr der Beitragszahlung ermittelt sich aus dem Kalenderjahr der Einzahlung abzüglich des Geburtsjahrs: 2015 – 1975 = 40
Der Verrentungssatz für das Geburtsjahr 1975 und das entsprechende Alter 40 beträgt nach der Tabelle 1 der Satzung 8,0 %.
Die Einzahlung in Höhe von 10.000 € wird daher mit dem Verrentungssatz 8,0 % multipliziert. Das Mitglied erwirbt durch seine Beitragsleistung im Jahr 2015 (10.000 € x 8,0 % =) 800 Rentenpunkte.

Beispiel (2):
Leistet das Mitglied auch im Jahr 2016 Beiträge in Höhe von insgesamt 10.000 €, ändert sich der Verrentungssatz, da nunmehr das Alter 41 zugrunde zu legen ist(2016 – 1975 = 41). Für das Geburtsjahr 1975 und das Alter 41 gilt ein Verrentungssatz von 7,8 %.
Durch seine Beitragszahlung im Jahr 2016 erwirbt das Mitglied 780 Rentenpunkte (10.000 € x 7,8 % = 780 Rentenpunkte).

Die Summe aller in den einzelnen Jahren ab 2015 erworbenen Rentenpunkte ergibt die Gesamtanwartschaft für das oDPV in Rentenpunkten.

Die Höhe des späteren Altersruhegelds steht erst bei Rentenbeginn fest. Es setzt sich aus den im bisherigen Anwartschaftsdeckungsverfahren erworbenen Anwartschaften und den ab 1. Januar 2015 im Rahmen des oDPV zu erwerbenden Anwartschaften („Rentenpunkte“) zusammen.
Für den individuellen Rentenanspruch nach dem oDPV ist zum einen die Anzahl der erworbenen Rentenpunkte maßgebend und zum anderen der Rentenbemessungsfaktor, mit dem die erworbenen Rentenpunkte in Euro-Anwartschaften umgerechnet werden.
Der Wert des Rentenpunkts wird durch den im Jahr der Ruhegeldeinweisung geltenden Rentenbemessungsfaktor bestimmt.
Um die Höhe einer Anwartschaft zu berechnen, wird die Gesamtzahl der Rentenpunkte mit dem Rentenbemessungsfaktor nach folgender Formel berechnet:

Gesamtanzahl an Rentenpunkten x Rentenbemessungsfaktor = Euro-Anwartschaft

Beispiel:
Ein Mitglied hat während seiner Mitgliedschaftszeit eine Gesamtanzahl an 10.000 Rentenpunkten erworben (-> zum Erwerb der Rentenpunkte siehe Frage 5).
Im Jahr der Ruhegeldeinweisung („Rentenbeginn“) beträgt der Wert des Rentenbemessungsfaktors „1“. 
Das Mitglied erhält eine Jahresrente von 10.000,00 € 
(10.000 Rentenpunkte x Rentenbemessungsfaktor 1 = 10.000,00 €) bzw. 833,33 €/Monat.
Beträgt der Rentenbemessungsfaktor in diesem Beispiel den Wert „0,96“, erhält das Mitglied eine Jahresrente von 9.600,00 € (10.000 Rentenpunkte x Rentenbemessungsfaktor 0,96 = 9.600,00 €) bzw. 800 €/Monat.

Der Landesausschuss kann auch weiterhin die erwirtschafteten Überschüsse an die Mitglieder verteilen und sowohl die Anwartschaften als auch die Ruhegelder dynamisieren.
Im oDPV geschieht das in der Regel durch die Veränderung der Anzahl der Rentenpunkte. Daneben ist auch die Veränderung des Punktwerts möglich.
Dabei dürfen die Steuerungsmöglichkeiten des oDPV wegen der Generationengerechtigkeit allerdings nicht dazu verwendet werden, Dynamisierungspotential für die bestehenden Anwartschaften und Ruhegelder zu schaffen. Eine Dynamisierung ohne Überschüsse ist damit nicht möglich.

Der Rentenbemessungsfaktor muss so festgelegt werden, dass die Bilanz ausgeglichen ist. Bei der Festlegung sind insbesondere die Sicherstellung der dauernden Erfüllbarkeit der Verpflichtun-gen und der Grundsatz der Generationengerechtigkeit zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind auch Veränderungen in der Lebenserwartung, d.h. die Biometrie, zu beachten.

Der Landesausschuss legt den Rentenbemessungsfaktor jährlich für das Folgejahr auf Vorschlag der Geschäftsführung fest.
Die Entscheidung des Landesausschusses ergeht in Form einer Satzungsänderung, die von der Aufsicht des Versorgungswerks, dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, genehmigt werden muss.

Die bis zum Stichtag 31. Dezember 2014 erworbenen Anwartschaften werden nicht in das neue System einbezogen. Sie bleiben bestehen und werden im bisherigen System fortgeführt. Das Ruhegeld aus diesen Anwartschaften errechnet sich nach den bis dahin geltenden Bestimmungen.
Dies bedeutet:
Die bisherigen Euro-Anwartschaften werden nicht in Rentenpunkte umgewandelt.
Bereits eingewiesene Ruhegelder werden nach den bisherigen Vorschriften weiterbezahlt.
Durch diese Regelung werden umfangreiche Übergangsbestimmungen vermieden, die eine Einbeziehung auch der Altanwartschaften in das oDPV notwendig gemacht hätten.
Damit ist aber ausdrücklich keine bestandschützende Regelung dieser sog. Altanwartschaften verbunden. Hinsichtlich der höher verzinsten Altanwartschaften, d.h. Anwartschaften aus dem An-wartschaftsverband 1 (Einzahlungen vor 1. Januar 2005 mit einer Verzinsung von 4 %) und dem Anwartschaftsverband 2 (Einzahlungen ab 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2009 mit Verzinsung von 3,25 %), besteht unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen die Möglichkeit von Kürzungen, sofern dies durch die Entwicklung an den Kapitalmärkten erforderlich werden sollte, um so eine verursachungsgerechte Verteilung der Zinsverpflichtungen aus der Vergangenheit zu erreichen.
Das Gesetz (VersoG) und die Satzung sehen schon bislang die Möglichkeit der Abänderbarkeit von Altanwartschaften vor (Art. 10 Abs. 4 VersoG, § 2 Abs. 3 der Satzung).

Die Jahresmitteilung wird ab dem Jahr 2016 in zwei Abschnitte aufgeteilt. Im ersten Abschnitt werden die bis 31. Dezember 2014 erworbenen Anwartschaften in Euro aufgeführt. Im zweiten Teil werden zusätzlich die ab dem 1. Januar 2015 erworbenen Rentenpunkte und der aktuelle Rentenbemessungsfaktor ausgewiesen.

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